HIGH ON HEIGHTS

Der Sprung beginnt lange vor dem eigentlichen Sprung. Jean Marc Boivin hat es am besten ausgedrückt: "Der erste Schritt, um ein Risiko einzugehen ist, das Risiko zu akzeptieren".

Ich springe mit voller Überzeugung. Ich springe nicht um des Springens Willen. Ich lasse mich von Gedanken inspirieren und lasse diese zur Obsession werden. Zu Bergen, von denen ich BASE-Jumpen möchte, oder zu Linien, die ich fliegen möchte.

Ins Fitnessstudio zu gehen, nur um ein Sixpack zu bekommen, ist unüberlegt – Äußerlichkeiten vs. Substanz.

Das Warum hilft bei der Akzeptanz, und Akzeptanz führt zu Entschlossenheit.
Erst dann werden die Schritte zu deinem Ziel von ganz allein kommen.
Mit einem neuen Wingsuit sollte man zuerst Fallschirmspringen, Basejumpen mit einem neuen Fallschirm sollte man zuerst von einem fehlerverzeihenden Objekt – zum Beispiel einer Brücke, so etwas sind die einzigen Möglichkeiten, deine Ausrüstung richtig kennenzulernen.
Übung macht den Meister, schon vergessen?

Mache es gewissenhaft.
Ich lege in der Regel die drei wichtigsten Dinge fest, welche ich bei jedem Sprung üben möchte. Erst wenn ich diese verinnerlicht habe, füge ich weitere hinzu. Sich auf zu viele Dinge gleichzeitig zu konzentrieren, führt zu Entscheidungsmüdigkeit und bestenfalls zu nicht vorhandenen oder schlechten Lerneffekten.

Jeder Trainingssprung wird zu einem Ritual der Hingabe, ein Fahrplan zur Erfüllung. Die Sprünge werden intensiver, wenn sie zielgerichtet sind.

PACKEN

Dein nächster Sprung könnte dein letzter sein... Sei achtsam...

Das Packen der Ausrüstung hat etwas Meditatives, das bevorstehende Ultimative verwandelt die banale Gegenwart in etwas Wertvolles.

Es als lästige Pflicht zu betrachten, ist ein Fehler. Viele Springer packen ihre Fallschirme nicht gerne. Ich genieße es sehr, meine Ausrüstung vorzubereiten.
Das ist der Zeitpunkt, an dem der Sprung beginnt.

So wie ich als Kind vor einem Rennen die Kanten geschliffen und die Skier gewachst habe, so bereitet das Packen der Ausrüstung auch den Geist vor - Selbstfürsorge und Respekt vor dem Handwerk.

Hingabe

Letztlich geht es darum, den Moment der Ausführung zu maximieren, denn das ist die einzig wahre Art im Hier und Jetzt zu sein. Was auch immer deine Leidenschaft sein mag, in der Komfortzone zu leben ist sinnlos. Stagnation und Mittelmäßigkeit werden die Folge sein. Die Kunst liegt darin, dass man die Grenzen seiner Fähigkeiten auslotet. Vielleicht ein Gleichnis für das Leben selbst...

Der Wecker erinnert dich daran aufzustehen, nachdem du endlich eingeschlafen bist und stundenlang versucht hast deine Gedanken zu ordnen.
Die Visualisierung schlechter Szenarien und die Frage, wie man sich davon lösen kann, haben dich die ganze Nacht wachgehalten.

Auf der Suche nach dem Absoluten, ist der Übergang vom bequemen Bett zum Start in den Tag jedes Mal schwierig. Diese unruhigen Nächte werden nicht leichter, aber man erinnert sich daran, "dass man sein Leben diesem Ziel gewidmet hat" - die Hingabe rechtfertigt oft die Unannehmlichkeiten.

"Ich will etwas Gutes, für das ich sterben kann, damit es schön ist, zu leben"
~ Queens of the Stone Age.

Das Frühstück zu essen ist schwierig, aber ein Lächeln hilft den Druck zu mindern.

DER AUFSTIEG:

Jeder Sprung erfordert einen Zugang, eine Wanderung oder einen Aufstieg. Früher habe ich mich über diesen Moment geärgert. Die Ungeduld, an die Spitze der Klippe, oder der Linie zu gelangen, machte den Zustieg unerträglich.

Nach 14 Jahren Basejumpen und Ski-Basejumpen ist dies nun ein Moment, den man zu schätzen weiß. Es ist der Moment, in dem alles seinen Platz findet. Das Physische führt dazu, dass man seine Gefühle und Gedanken sortiert.

Wenn man sich anstrengt und darauf achtet, was man tut, wird die Zukunft sofort durch das Jetzt ersetzt.

Gegenwärtig zu sein ist notwendig für eine gute Ausführung und Performance. Die Vergangenheit oder die Zukunft sind gefährliche Ablenkungen in den Bergen, und die Strafe für Nachlässigkeit ist oft grausam.

Einfach ausgedrückt: Anstrengung macht gegenwärtig und erzeugt Konsistenz. Ich wünschte, ich könnte diesen Zustand auch im täglichen Leben erreichen...

Im Gegensatz zum Fallschirmspringen erfordert das Basejumpen körperliche Anstrengung, um die Sprünge ausführen zu können. Basejumper werden, ebenso wie Skifahrer, in den Bergen automatisch zu Ausdauersportlern.

Durch die Anstrengung werden Ängste abgebaut und der Geist wird klarer. Es ist ein Moment des Übergangs von der Angst zum Pragmatismus.

Ehe man sich versieht, hat man den Gipfel erreicht - je länger der Zustieg, desto höher ist die Allgegenwärtigkeit. Das Eintauchen führt zu einer genauen Einschätzung der Umgebung; Zeit und Anstrengung helfen sich zu verbinden.

Nicht zu viel und nicht aus der falschen Richtung, der richtige Wind verwandelt raue Orte von bedrohlich in einladend. Du hast deinen Beitrag geleistet, um dorthin zu gelangen und neben der Anstrengung bleibst du scharfsinnig.

DAS RITUAL

Der Moment unmittelbar vor einem Sprung ist ein Ritual. Die perfekte Ausführung beginnt jetzt. Der Ablauf ist immer gleich.

1. KONZENTRIEREN:

Der letzte Check der Ausrüstung hilft Sicherheitsprobleme zu erkennen, aber auch sich zu konzentrieren, bevor man springt.

Wenn du deine Ausrüstung überprüfst und anlegst, ist das der Moment, um runter zu kommen, bewusst zu handeln und nicht zu hetzen - zu viele Freunde sind auf diese Weise gestorben...
Der Erfolg liegt in der Vision, das Überleben liegt in den Details.

Der Countdown vor dem Absprung beginnt nun, und der Kameramann hat bereits den 10-Minuten-Anruf erhalten.