ENTSCHEIDUNGSFINDUNG IN DER TODESZONE

ENTSCHEIDUNGSFINDUNG IN DER TODESZONE

1960 in Nepal: Das Labor ist nicht weiter als eine 6 Meter lange und 3 Meter breite Hütte. Das Panorama, das sich hinter den Fenstern auftut, ist spektakulär, man schaut auf die steilen Wände der Ama Dablam. Die Luft in der Hütte ist dünn, sie ist auf 5800m, einer Grauzone zwischen Akklimatisation und körperlichem Verfall. Die Luft hier enthält nur etwa 50% des Sauerstoffs im Vergleich zum Meeresspiegel und die Sauerstoffsättigung des Blutes sinkt bis auf unter 50% bei körperlicher Aktivität (wenn ihr im Krankenhaus seid, werdet ihr an ein Sauerstoffgerät angeschlossen, wenn euere Sättigung unter 90% geht). 

Über einen Zeitraum vom fünf Monaten in der „Silver Hut“ zeigte jedes Team Mitglied Anzeichen von körperlichem Abbau und Gewichtsverlust, obwohl sie mittlerweile sehr gut akklimatisiert waren, waren sie alle sehr erschöpft und schwach. 

Daraus schließen wir, dass wir oberhalb von 5500m nicht dauerhaft überlebensfähige sind. Je höher wir aufsteigen, desto schneller baut unser Körper ab. Muskeln werden vom Körper verzehrt, denn die Energie die in Ihnen steckt (in Form von ATP) ist viel leichter zugänglich als über die Verdauung, die sehr viel Sauerstoff benötigt und mit steigender Höhe immer weniger funktioniert.



Ab einer Höhe von 8000m befinden wir uns in der Todeszone, einer lebensfeindlichen Höhe in der wir uns nur kurz aufhalten können. Wenn hier etwas schiefläuft, hat man nicht viel Zeit zum Nachdenken. Der Tod lauert hinter einem verlorenen Ausrüstungsgegenstand, der Höhenkrankheit, hinter Wetterveränderungen, Verletzungen und vielen kleinen Details. 
Dort oben eine Entscheidung zu treffen ist, als würdest du versuchen ein mathematisches Problem zu lösen, wenn du betrunken bist. Das Beste, was du also tun kannst, ist dich mit den verschiedenen mathematischen Problemen des Höhenbergsteigens vorher vertraut zu machen, damit du sie ich mit eingeschränkter Hirnkapazität bewältigen musst. Meiner Meinung nach ist die Vorbereitung der wichtigste Teil: 

Vorbereitung




Szenario Planung:

Antizipiere möglichst alle potenziellen Situationen (du kannst hier vorgehen wie bei einem Schachspiel in den du dir jeden einzelnen Zug deines Gegenspielers anschaust und deine Reaktion planst)

Fähigkeiten aufbauen:
Je besser du körperlich, wissenstechnisch und mental vorbereitet bist, desto leichter geht die Entscheidung von der Hand

Gutes Essen:
Ist gar nicht so einfach in der Höhe, aber stell sicher, dass du ausreichend Flüssigkeit zu dir genommen hast und qualitativ möglichst gute Nahrung im System hast. Schlechter Treibstoff wird dein Energie-Level beeinflussen.

Schlaf:
Guter Schlaf in der Höhe ist selten. Rituale wie ein abendliches Lavendelöl eine mitgebrachte aufblasbares Kopfkissen und eine Tourenplanung die Raum für Erholung bietet, sind essentiell um am Gipfeltag Energie und klare Gedanken zu haben. 

Wenn du dann aber doch oben bist und nun eine schwerwiegende Entscheidung treffen musst, folge ich folgendem Algorithmus: 

1. Stoppen und Atmung normalisieren
2. Identifiziere schnell was gerade am kritischsten ist und fokussiere deine Energie gezielt dort
3. Setze dir ein Zeitlimit um die Situation zu meistern und halte dich daran 
Wichtig: Wenn es Zweifel gibt, gibt es keine Zweifel. Steige ab - der Berg bleibt. 
Deine Entscheidung bestimmt dein Überleben.